Die Melodica habe ich für meinen Vater bestellt, weil gleich Weihnachten kommt und mir erinnerlich ist, dass er als Jugendlicher mit Freude Melodica spielte. Diese Freude soll ihm nun wieder widerfahren. Selbstverständlich habe ich das Instrument aber zunächst selbst getestet (ich spiele eigentlich Kla4, Orgel, Synthi, Saxophon, Chalumeau, Bombarde, Rauschpfeife, neuerdings Blockflöte und noch einige Saiteninstrumente), traue mir also eine ordentliche Bewertung zu. :-) Also:
Die Melodica spricht über den gesamten Tonumfang auch bei leisen Tönen leicht und gleichmäßig an. Es wird relativ wenig Luft benötigt, und das bei einem angenehm geringen Blasdruck. Etwas mehr Atem braucht man erst, wenn man im Forte mehr als fünf lange Töne gleichzeitig spielen möchte, aber das ist völlig normal und darf der Melodica nicht angelastet werden. Bevor es elektrische Gebläse für Sakralorgeln gab, kamen die Calcanten (Balgtreter) bei Bachs Werken in den lauten Registern mit erhöhtem Winddruck auch schnell aus der Puste, obwohl sie gar nicht pusten mussten! ;-) Mit einem durchschnittlichen Lungenvolumen ist das liebliche Melodiespiel auf der Melodica ebenso unproblematisch wie singen. Man muss jedenfalls nicht öfter Luft holen als beim Singen. Im Gegenteil. Kurzum: Die Ansprache ist sehr gut.
Das Instrument ist aus stabilem Kunststoff gefertigt, der eine angenehme Haptik aufweist. Die Tastengröße bzw. der Tastenabstand ist für Kinder und Erwachsene gleichermaßen geeignet. Problematisch wird's höchstens dann, wenn einer Pranken wie Kohlenschaufeln hat, aber irgendwas ist ja immer.
Man kann die Melodica mit dem kurzen (gebogenen) Mundstück oder mit dem im Lieferumfang enthaltenen Schlauch spielen. Das gebogene Mundstück hat den Vorteil, dass der Blickwinkel auf die Tasten besser ist als bei geraden Mundstücken. Den Schlauch nimmt man sinnvollerweise dann, wenn das Instrument auf dem Tisch oder auf den Knien liegt und man mit beiden Händen spielen möchte. Ein ordentlicher Koffer und eine verständliche Anleitung runden das positive Bild ab.
Nun zum Klang:
Wem der charakteristische Klang einer Melodica nicht geläufig ist, der sollte sich entweder folgende Musik anhören (Quelle: Wikipedia):
- UB40 :: "Kingston Town",
- In dem Stück "Wovon sollen wir träumen" von Frida Gold wird nach dem Refrain eine Passage mit der Melodica wiederholt,
- Depeche Mode verwendet in der Endpassage des Stücks "Everything Counts" eine Melodica,
- die kanadische Gruppe "Walk off the Earth" verwendet eine Melodica in ihrem 2012 aufgenommenem Song "Summer Vibe",
- "The Hooters" benannten sich nach ihrem Markenzeichen, der Hohner Melodica,
- Die Jazzmusiker Don Cherry, Monty Alexander und Michail Jefimowitsch Alperin verwenden die Melodica recht oft und haben ihr neben Hermeto Pascoal einen Platz im Jazz gesichert.
...oder sich eine klangliche Mischung aus einer Mundharmonika und einem Akkordeon vorstellen, wobei die Tendenz wegen der gleichartigen Tonerzeugung eher zum Akkordeon geht.
Zusammenfassend sei gesagt, dass diese Melodica exakt so klingt, wie eine Melodica klingen soll - was nicht verwundert, denn Hohner hat sie erfunden und alles andere sind Kopien! ;-)
An der Verarbeitung gibt's nichts zu bekritteln, obwohl mir wegen des frischen Erwerbs noch keine Langzeitevaluation möglich ist. Sollte sich wider Erwarten etwas an dem sehr positiven Verarbeitungseindruck ändern, kann ich die Bewertung ja immer noch ändern.
Zum Schluss noch ein Wort zur Intonation: Die Intonation ist sauber.
Die Einsatzmöglichkeiten einer Melodica sind in der Musik erstaulich vielfältig: Von der Musikalischen Früherziehung über Hausmusik bis Jazz ist alles drin. Hier bei Thomann gibt's das Original von Hohner zum fairen Kurs. Ich hatte sehr viel Spaß beim Testen und überlege ernsthaft, ob ich mir selbst auch noch eine zulegen soll.
Klare Kaufempfehlung!