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Ibanez AF75-JBB

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Ibanez AF75-JBB
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Guter Sound, gutes Handling, einige Verarbeitungsdefizite
Timo Berlin 06.01.2024
Die Ibanez AF75-JBB ist im Gesamteindruck eine gute Jazzgitarre, vor allem in Bezug auf das Preis-Leistungs-Verhältnis.

Meine detaillierte Bewertung teile ich in drei Bereiche auf: Material/Verarbeitung, Bespielbarkeit/Handling und Sound.



Material/Verarbeitung

Der Korpus besteht aus schichtverleimtem Lindenholz, vermutlich amerikanisches oder japanisches, welches wesentlich leichter ist als europäisches. Hochwertiges Holz ist astfrei, in diesem Fall hat man aber an der Holzqualität gespart und es sind sowohl vorder- und rückseitig wie auch an den Zargen Asteinschlüsse deutlich zu erkennen, rückseitig ist auch ein Verarbeitungsfehler mittig platziert.

Hals und Kopfplatte bestehen aus Nyatoh, einem südostasiatischen Hartholz, Mahagoni-ähnliches Gewicht. Leider wurde bei der Verarbeitung wenig auf die Wuchsrichtung geachtet, die Maserung verläuft schräg über den Hals. Hoffentlich ist das Holz gut durchgetrocknet, sonst könnte sich der Hals verziehen. Die Kopfplatte ist breiter als der Hals, es musste also seitlich Holz angeleimt werden, welches einen deutlichen Farbunterschied aufweist.

Griffbrett und Stegsockel sind aus Walnussholz gefertigt, wahrscheinlich leicht geölt.
Die perlmuttfarbenen Griffbretteinlagen sind haargenau eingefasst und plan geschliffen.

Das umlaufende Binding von Korpus und Griffbrett ist fugenlos eingesetzt, an den F-Löchern wurde allerdings etwas nachlässig geschliffen.

Die Einfärbung und Lackierung ist insgesamt hervorragend! Blauverläufe sind überall gleichmäßig, die Abstimmung von Beize und Decklack ist farbgleich, die Lackierung ist ringfest (kratzresistent) und nasenfrei (keine Tropfenbildung durch zu viel Auftrag).

Für die Potiknöpfe wurden Ibanez Sure Grip III verwendet, die über den harten Kunststoffkern einen weichen, geriffelten Ring gestülpt haben. Dieser weiche Ring war leider bei drei der vier Potis beschädigt, werde ich ersetzen müssen.

Das Pickguard ist an zwei Punkten mit dem Korpus verschraubt (einmal seitlich mittels eines Bügels) und liegt auf den Sockelblöcken der Tonabnehmer auf. Bei der Schraubverbindung von Pickguard und Bügel hat man auf eine Unterlegscheibe verzichtet, im Laufe der Zeit wird sich die Mutter unter dem Pickguard lösen, eine Unterlegscheibe sollte nachgerüstet werden.

Der Saitenhalter dürfte aus verchromtem Stahl gefertigt sein. Die Konstruktion ist an der Zarge vierfach verschraubt, wodurch der Saitenhalter immer in einer Flucht zum Hals ausgerichtet bleibt.

Der Steg ist ist nicht mit dem Korpus verschraubt, sondern hält allein durch den Spannungsdruck der Saiten. Zwischen Korpus und Steg wurde für den Transport eine Schaumfolie gelegt. Die werkseitige Stimmung der Saiten macht insofern wenig Sinn, da die Saiten zum Entfernen der Folie erst wieder entspannt werden müssen.
Anschließend muss der Steg wieder neu positioniert werden. Die exakte Ausrichtung ist für eine bundreine Stimmung immanent, da sollte man also genau hinhören.

Die Bünde sind zwar fest in die Nuten eingeschlagen, dennoch ist der Kantenschliff sehr schlecht: die Bünde stehen zwar nicht über, aber die Bundkanten sind wellig ausgefranst, sodass man mit den Fingern leicht an ihnen hängen bleibt. Bei schnellen Bundwechseln unangenehm. Es ist aber nicht so, dass man sich die Haut aufreißen könnte.

Der Sattel ist grob eingepasst, zum Griffbrett hin ist eine kleine Lücke zu erkennen. Die Rillen für die Saiten sind im richtigen Abstand eingesägt, die Rille für die B-Saite wurde aber um ca. einen Viertelmillimeter zu tief gesetzt. Das reicht schon aus, um die Saite schnarren zu lassen, kann aber mit etwas Lack ausgeglichen werden - er muss nur richtig aushärten. Dennoch ärgerlich.

Die Besaitung ist, wie für eine halbakustische Gitarre üblich, etwas kräftiger (010-052). Vor dem ersten Spielen sollte man mit einem Tuch die Saiten abreiben, sie sind noch leicht ölig und färben ab.

Die Gitarre, die ich zugeschickt bekam, war mit der Werkseinstellung nicht bespielbar. Die Halskrümmung war fast schon konvex und musste erst in eine konkave Kurve geschraubt werden.
Der Saitenabstand war viel zu flach eingestellt, den Steg kann man aber sehr einfach hochschrauben, wenn die Saiten kaum gespannt sind.



Bespielbarkeit/Handling

Die Gitarre liegt gut in der Hand, das schlanke C-Profil des Halses (22,5 mm Stärke) vereinfacht den schnellen Griffwechsel, auch mit übergreifendem Daumen.
Der flache Korpus begünstigt eine körpernahe Armhaltung der Zupfhand.

Wie zu erwarten war, bringt der Hollowbody eine klare Kopflastigkeit mit sich, was aber bei dem insgesamt geringen Gewicht kaum auffällt.

Die Potis sind relativ weit unten/hinten angeordnet, wodurch sie nicht unmittelbar („intuitiv“) zu erreichen sind, was aber bei der Konstruktion mit den F-Löchern auch nicht anders zu machen ist.
Der Schalter für die Tonabnehmerauswahl liegt dafür direkt hinterm Steg unter den Saiten, ist also schnell greifbar.



Sound

Ich habe den Sound mit einem Line 6 Verstärker getestet, der viele unterschiedlichen Verstärkermodelle imitiert.
Insgesamt bin ich vom Sound überrascht und sehr begeistert!

Zunächst sind Lautstärke, Dynamik und Sustain über alle Saiten und Lagen nahezu gleichbleibend. Einzig im Bereich der G- und B-Saite zwischen dem ca. 9. und 15. Bund habe ich einen leichten Qualitätsunterschied bemerkt, dass kann aber auch an den Bünden liegen, das kriege ich noch raus.

Der Ton insgesamt ist umfassend satt und hat diese leicht kehlige, warme Klangfarbe, welche man bei Jazzgitarren sucht. Natürlich geht das auch noch besser, aber dann ist der Preis auch höher.

Unverstärkt kommt noch der scharfe Klang der neuen Saiten durch und das Sustain lässt stark nach. Aber für den rein akustischen Einsatz ist die Gitarre auch nicht gedacht.



Fazit

Wie eingangs erwähnt, muss man das Preis-Leistungs-Verhältnis als ausschlaggebendes Maß für die Bewertung ansetzen.
Die vielen Material- und Verarbeitungsdefizite trüben den ersten Eindruck, Bespielbarkeit und vor allem Sound überzeugen mich dafür umso mehr.
Insgesamt daher vier von fünf Sternen.
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