Die erste Ibanez RGT1220PB-ABS die ich geliefert bekommen habe hatte Probleme mit dem Body. Die Pappeldecke, die eigentlich durchgehend 3mm sein sollte und erst an der Armauflage auslaufen sollte lief schon deutlich früher auf ca. 1mm Dicke runter, der Übergang zu den anderen Hölzern sah dadurch "krakelig" statt gerade aus und an vielen Stellen am Body war die Decke auch so dünn, dass an den Astlöchern der weisse Leim/Kleber deutlich sichtbar war und somit auch die Optik verschandelt hat. Auch die Ausfräsungen an den Pickups waren durch die Dünne der Decke dann sehr zerfranst. Sowas sollte es eigentlich nicht durch die Qualitätskontrolle schaffen meiner Meinung nach. Außerdem waren die Pickups von der Seite betrachtet auch stark verbogen, so etwas habe ich vorher noch nicht gesehen. Vermutlich zu lange Zeit bei zu viel Hitze in einem Container gestanden? Auf der anderen Seite war die Gitarre aber bzgl. Intonation perfekt eingestellt, nur die Saitenlage war mir etwas zu hoch. Aufgrund der Mängel am Body ging sie dann aber zurück und wurde auch problemlos getauscht.
Die Bewertung bezieht sich jetzt auf das zweite Exemplar das ich bekommen habe. Hier gibt es keine Mängel am Body. Was bei beiden Gitarren der Fall ist, ist das die Saitenlage über dem Body (z.B. zwischen den Pickups) ca. 2mm höher ist als bei anderen RG-Modellen. Vermutlich durch die Neck-Through Konstruktion war es notwendig den Hals und das Griffbrett etwas weiter aus dem Body herausstehen zu lassen. Das war für mich überraschend, und wurde auch in keinem Review auf Youtube erwähnt. Das führt auch dazu, dass das Edge Tremolo ungewohnt weit aus dem Body raussteht. Das fühlt sich erstmal etwas ungewohnt an, wenn man sonst normale RG oder S-Modelle gewohnt ist, aber es hat für mich keinen Einfluss auf die Spielbarkeit, ich kann nicht sagen dass es irgendwie hinderlich ist, nur erstmal ein klein bisschen anders. Sowohl Body als auch Hals-Rückseite fühlen sich recht unbehandelt an. An einigen Stellen am Hals und insbesondere bei den Cut-Aways am Body fühlt es sich sogar noch leicht rau an sodass ich vermutlich noch mal mit feinem Schleifpapier drüber gehen werde. Die Halsform ist etwas dicker als die vieler RGs der 1990er (andere kenne ich leider nicht), aber fühlt sich für mich gut an. Auf der Rückseite gibt es beim Übergang vom Hals zur Kopfplatte eine leichte Erhöhung die auch dem Daumen einen guten Endpunkt für das Spiel in der unteren Lage gibt. Als Feature ausgewiesen wird auf der Ibanez-Seite die Premium-Behandlung der 24 Edelstahlbünde. Und das stimmt auch, ich habe noch nie so gut polierte Bünde gefühlt. Man kann ohne jegliche Widerstand wie wild benden. Auch sonst gibt es an der Verarbeitung der Bünde nichts auszusetzen. Beim Griffbrett selbst fand ich teilweise Leim oder Wachsrückstände, die sich aber alle problemlos wegreiben ließen. Nach etwas Justage habe ich auch eine gute Saitenlage hinbekommen, die Intonation war nicht so perfekt wie bei der Ersten, aber im Rahmen und ok, beim nächsten Saitenwechsel wird das nachgetuned. Die Inlays sind auch sauber verarbeitet und gefallen mir in echt besser als auf den Bildern. Soundtechnisch gibt es nichts auszusetzen, die Pickups sind gut und wohlbekannt. Positiv zu erwähnen finde ich noch das dyna-MIX10 System, welches noch weitere Spulenkombinationen ermöglicht die insbesondere für cleane Sounds nochmal angenehme Variationen erzeugen. Sustain ist auch genügend vorhanden, wobei ich nicht mehr daran glaube dass das an der Neck-Through Konstruktion liegt, da ich eine Charvel mit geschraubtem Hals habe die genau so viel Sustain hat. Das Edge Tremolo ist auch bekannt, der Tremolo-Hebel lässt sich nur sehr schwer einsetzen, aber wenn er erstmal drin ist, ist alles ok, die Mechaniken alle hochwertig, dementsprechend erwartbar ist sie auch sehr stimmstabil. Die Bespielbarkeit ist wie schon erwähnt einwandfrei. Allerdings ist die Gitarre durch die verwendeten Hölzer auch kein Leichtgewicht. Für mich aber so jetzt ein tolles Instrument was meinen Erwartungen entspricht. Wenn man aber ein Prestige-Modell direkt daneben vergleicht, gibt es aber in den feinen Details schon nochmal leichte Qualitätsunterschiede. Aber ein optisch und technisch (Neck-Through) vergleichbares Prestige-Modell gibt es ja nicht. Preis/Leistung ist für mich daher so gerade noch angemessen. Wenn man nicht unbedingt die Optik will bekommt man aber auch für 300/400,-EUR weniger ein ähnlich gutes Instrument. Was ich schade finde ist, dass die Gitarre nicht im Koffer sondern im Gigback geliefert wird. Mit Koffer wäre der Preis absolut ok, und eine solche Gitarre würde ich persönlich nie im Gigback durch die Gegend tragen. Jetzt hab ich den 4. Gigback rumfliegen den ich nicht nutze.
Nur 4 Sterne wegen Preis/Leistung, und dem Potenzial nach oben bzgl. der Feinheiten (wie z.B. leicht rauhe Stellen am Hals und Body, Leim oder Wachsrückstände am Hals).
Zusammengefasst:
Pro:
- tolle Optik (die Pappeldecke in Kombination mit der goldenen Hardware und den cremefarbenen Pickups)
- Neck-Through Konstruktion fühlt sich in den oberen Lagen sehr gut an
- gute Mechaniken, inkl. Tremolo
- gute Pickups + extra Schaltmöglichkeiten durch dyna-MIX
- für meinen Geschmack gute Halsgeometrie und -dicke
- super polierte und abgerichtete Bünde
- gute Bespielbarkeit
- Ibanez Multitool inklusive
Neutral:
- Saitenlage über Body (nicht über Hals) etwas höher als bei anderen Ibanez-Gitarren, vermutlich aufgrund der Neck-Through-Konstruktion. Das haben auch die anderen neuen RGT-Modelle, ist also kein Produktionsproblem.
Cons:
- recht hohes Gewicht
- Streuung in der Qualität der Produktion
- kein Koffer