Ich hatte vor einigen Jahren eine Kombination aus Korg Radias und Korg Electribe 2 mit der ich viel Spaß hatte, eigene Tracks zusammenzubauen. Leider musste ich die Kombi zwischenzeitlich abgeben. Einige Jahre später hat mich nun plötzlich der SH-4d, der dem Radias in Bezug auf die Multitimbralität und gute Bedienbarkeit ähnelt, in Versuchung gebracht.
Leider hat der SH-4d keinen alternativen Audioausgang, nur zwei MIDI-Anschlüsse und auch keinen Vocoder und bedauerlicherweise hat der SH-4d wie auch der Radias keine Möglichkeit, die aktuellen Reglereinstellungen für einen neuen Patch abzurufen (bei Roland "Manual" genannt und eigentlich in ganz vielen Synthies vorhanden). Negativ fällt außerdem die unzureichende Passgenauigkeit von Bodenplatte und Metalloberseite des SH-4d auf: Das erste Modell musste ich zurückschicken, weil durch die Montage eine mechanische Spannung entstanden ist, dank derer die Metallplatte kaum sichtbar, aber mit einem metallischen Plopp-Geräusch gedrückt werden kann (was mir direkt beim ersten Herausnehmen aus der Verpackung passiert ist). Nach einem Austausch macht das Gehäuse des zweiten Modells nun keine Geräusche mehr, aber man sieht, dass auch hier die Passform nicht perfekt ist. Ich hoffe, dass das langfristig keine Probleme macht, denn ansonsten bin ich vom SH-4d begeistert.
Die vierfach vorhandene Syntheseengine bietet Zugriff auf viele verschiedene Parameter und eine entsprechende Bandbreite an möglichen Sounds. Neben den Einstellungen an der Oberfläche gibt es zahlreiche Einstellungen in den Menüs, die aber nicht essentiell für die grundsätzliche Klangerstellung sind. Der digitale Klang gefällt mir persönlich sehr, das mochte ich schon am Radias. Bei Bedarf kann man mit einer Menü-Einstellung aber Schwankungen analoger Schaltungen emulieren. Sehr gut gefällt mir außerdem der fünfte Part ("Rhythm"), der neben Samples rolandtypischer Drumsounds auch viele weitere Wellenformen bereithält, die mit Multimode-Filter, einer "FXM" genannten (rudimentären) Modulation und drei (statt der sonst üblichen zwei) Hüllkurven verbogen werden können (Amp, Filter und Pitch). In dieser Hinsicht ähnelt der SH-4d weniger dem Korg Radias (der aber auch Drumsounds hatte) als dem Korg Volca Drum (der klanglich etwas eigenständiger, vor allem aber im Vergleich schlechter bedienbar ist). Hinter jeder Keyboardtaste verbirgt sich ein eigenständiger Drumpart, pro Rhythm-Kit sind das also 26 Parts.
Trotz des großen Funktionsumfangs und Shift-Kombinationen empfinde ich die Bedienung nach wenigen Stunden als sehr intuitiv, gerade der Performance-Modus (nach zweitem Druck auf "Pattern") und das eingebaute Keyboard gefallen mir.
Abschließend: Vielfach wird online das Pattern-Management kritisiert, weil man erarbeitete Patches mit einem Fehlgriff verlieren kann und zwar, wenn man das Pattern wechselt (auch ein Problem bei Radias und Electribe) oder aber wenn man mehrere Parts ("Tone") und/oder das Pattern gleichzeitig bearbeitet hat und dann statt "Pattern and Tone" die einzelnen Tones gesondert abzuspeichern versucht (bei entsprechender Fehlbedienung werden die übrigen Tones auf den zuvor gespeicherten Stand zurückgesetzt / das gesamte Pattern wird ausschließlich mit den explizit gespeicherten Parametern neu geladen, quasi ein Pattern-Wechsel auf dasselbe Pattern; auch bei laufendem Sequencer möglich). Vor dem Überschreiben zeigt das Display aber sehr transparent an, was alles bearbeitet wurde (Mutes werden gespeichert und daher auch als Bearbeitung des Patches angezeigt). Ich empfehle, ganz bewusst entweder nur an einem Tone bzw. am Pattern zu arbeiten ODER bewusst am Gesamtpaket.
Was viele online lesbaren Kritiken am Patchmanagement übersehen: Das Speicherprinzip des SH-4d ist eben nicht an eine Groovebox angelehnt, sondern jedes "Pattern" ist als Kit bestehend aus vier typischen Synthesesträngen und einem zusätzlichen Drumkit zu verstehen (außer den Tone-spezifischen Tone FX werden Effekte übrigens auch ausschließlich im Pattern gespeichert, derselbe Tone kann also von Pattern zu Pattern unterschiedlich mit Effekten ausgestattet werden). Dementsprechend ist der interne, recht beschränkte aber gute Sequenzer (keine Quantisierung, bis zu 64 Steps) eher eine Art Beispieltemplate und für Jam-Sessions auf demselben Loop geeignet. Für die Komposition ganzer Tracks sollte man besser auf einen anderen Sequencer zurückgreifen.