Elysia mpressor500... um ein Haar hätte ich ihn zurückgeschickt, jetzt ist er letztlich doch geblieben. What happened?
Ich wollte einen schnellen Kompressor fürs vocal-tracking. Das mpressor Plugin kannte ich und liebte ich bereits, also wollte ich, neben dem Great River PWM 501, siehe mein Review dort, auch die mpressor Hardware im 500er Format dafür ausprobieren.
Kommen wir gleich zur Sache, zum Kern meiner Kritik an dem Modul: Zwar stehen 0,01ms hypothetisch zur Verfügung, aber in der Realität bekommt man mit so schnellem Attack kein sauberes Signal hin, vor allem dann, wenn auch die Release Zeit einigermaßen flott sein und kräftige gain reduction passieren soll. Für bewusste Formung der Hüllkurve ist das nicht so schlimm, denn dann wählt man ja entsprechend etwas moderatere Zeiten...aber für möglichst unhörbares Vor-komprimieren, das eine kreative Dynamikbearbeitung in der DAW nicht negativ vorbelastet (und was mit dem PWM 501 absolut machbar ist) ist das leider ein Ausschlußkriterium.
Darüberhinaus sind es aber nicht nur extreme Zeiten, die die Schaltung offensichtlich überfordern: Einfach nur ein Bass-DI-Signal durch den mpressor schicken, völlig ohne gain reduction, führte bei meinen Versuchen immer wieder mindestens zu "Beklemmung" im tiefen Frequenzbereich, wenn nicht sogar zu offensichtlichen, hörbaren Verzerrungen. Der Effekt ist umso ausgeprägter, je mehr Pegel man am input fährt, aber selbst mit sehr zurückhaltendem gain staging geht dem Signal Größe und Druck verloren.
Und trotzdem... will ich den mpressor500 nicht mehr missen. Er hat jetzt seinen Stammplatz in meiner Vocal-Recording chain hinter dem PWM 501, wo er nicht mehr die Transienten einfangen muss, sondern sich auf etwas beschränken darf, was so gar nicht geplant war und ich auch nicht erwartet hätte: Den Sound tonal aufzuwerten, "exciting" zu machen, und die Hüllkurve in Richtung mehr Drama zu formen.
Ein Begriff aus der Produktbeschreibung hier trifft es ziemlich gut: "kantig". Der Sound wird breiter, griffiger, präsenter und irgendwie auch offener... und das ganze mit einer gewissen, nicht überzogenen, Agressivität...nennen wir es mal "kantig offensiv". Ich rede hier übrigens nicht von der mittels THD button erzeugbaren Distortion, sondern nur von der Grundcharakteristik, wobei die Distortion sich extrem passend in dieses Klangbild einfügt und diese Richtung konsequent weiter geht.
Kompressionsmäßig nutze ich dann religiös die GRL Funktion, mit der ich das Signal quasi zwischen Threshold und GRL "einklemme". Wenn sowohl die gain reduction LEDs als auch die GRL-Kontroll-LED gut beschäftigt leuchten, dann habe ich meinen Sweetspot, bei dem die Attackphasen herausgearbeitet werden und gleichzeitig verdichtet wird, und trotzdem nie die Dynamik verloren geht. Das ist einfach Hammer, war es schon im Plugin und funktioniert hier genauso cool.
Wenn das jetzt ein bisschen bipolar klingt...ja ist es auch. Ohne meine Kritikpunkte wäre das ein perfektes Modul, nicht perfekt für jeden Zweck aber in sich perfekt, und, im Vergleich zu anderen 500er Modulen, deutlich mehr als den Verkaufspreis wert. So ist es leider ein sehr gutes Modul mit gewissen, sehr ärgerlichen, Schwächen und gewissen, sehr tollen Stärken...das den Preis mmn trotzdem wert ist, nicht zuletzt wegen der top build quality und deutscher Wertschöpfung.