Eigentlich habe ich alle meine Verstärker mit digitalen Inhalten verkauft. Mein Verstärkerfuhrpark besteht außer zwei sehr gut klingenden, leichten und praktische zu bedienenden Fender Rumble Bass Amps größtenteils aus Princeton, Princetons Reverb, Deluxe und Deluxe Reverb Amps.
Wie kommt man nun zu einem Digitalen Clone eines Klassikers? Eben genau deswegen. Natürlich hatten die Videos in Youtube, in denen die Tonemaster Serie vorgeführt wird und die Tests in den Fachzeitschriften einen Einfluss. Die Vorführ-Videos decken die musikalische Bandbreite ab, die ich auch durch den Amp jagen würde und das was man hört ist gut, auch wenn es sicher bei den Videos aufnahmetechnische Einflussmöglichkeiten gibt.
Den Ausschlag für den Kauf haben letztlich drei Argumente gegeben: das Gewicht, die Optik und die relative Unempfindlichkeit gegenüber Röhrenverstärkern. Ich bin ein älterer Hobby-Musiker, der Deluxe Reverbs, die ja nicht die schwersten Verstärker sind, schon oft Treppen zu Locations für Jam Sessions hinauf geschleppt und nachts wieder zurück ins Auto getragen hat und es macht keinen Spaß vor und nach der Session Amps herumzuwuchten - auch wenn es dazu gehört. Das geht beim Tonemaster viel einfacher, der wiegt deutlich weniger und dürfte hoffentlich auch nicht so empfindlich wie heiße Röhren reagieren, wenn man ihn nach der Session abschaltet und ohne viel Abkühlzeit hinaus trägt. In Zeiten der Corona Krise konnte ich ihn natürlich bis jetzt nur im Proberaum aufdrehen aber auch der Weg dorthin war "leicht".
Zur Optik - natürlich kann man anführen, dass es Käse ist, einen Computer in ein Gehäuse zu verpacken, das wie ein Deluxe Reverb aussieht. Und wenn schon, sollte der Amp doch mehr können als die Tonemaster Serie. Aber genau das will und brauche ich nicht. Ich will nicht zwischen 15 Fender-Amps wählen können, weil sowieso immer der Deluxe Reverb läuft - der soll dann aber gut klingen. Ich will auch kein Display und ich will auch nicht an irgendwelchen Parametern für den Hall herumdrehen können - am Röhren Deluxe Reverb geht es auch nicht, außer dass die Hallspirale schön scheppert wenn man an das Verstärkergehäuse stößt. Das Auge spielt mit. Man sieht einen gut verarbeiteten Verstärker in klassischer Optik. Der beiliegende Fußschalter sieht anders aus als die normalen Fender Fußschalter in Chrom-Ausführung, funktioniert aber besser und zeigt den Schaltzustand schön mit einer LED an.
Der Verstärker klingt wie ich erwartet und erhofft hatte - halt wie ein 65 Deluxe Reverb. Ich habe einen mir Celestion Speaker zum Vergleich und kann nur das wiederholen, was in vielen Tests und Kommentaren zu Videos steht - auch die Serienstreuung beim Vergleich zweier Röhren-Deluxe Reverbs erzeugt Klangunterschiede. Ob jetzt in irgend einem Frequenzbereich noch ein kleines "Schimmern" oder sonst etwas fehlt ist schwer zu beurteilen. Der Tonemaster Deluxe Reverb hat natürlich ein niedriges, aber hörbares Nebengeräuschniveau, für die Puristen fehlt hier schon das lauernde Zischen und Rappeln der Röhren, wobei der 68 Deluxe Reverb Custom auch wieder mehr Nebengeräusche macht als der 65 Deluxe Reverb. Das Rauschen im Leerlauf ist schwer einzuordnen - würde er es nicht machen, wäre das auch komisch, da der Tonemaster ja einen Röhrenamp simuliert. Ich stelle den Tonemaster so ein wie gewohnt - typisch Volume auf 4 bis 7 und es passt - klingt wie Röhre, Verhalten des Anzerrens wie Röhre. Funktioniert mit Telecaster, Les Paul mit Burstbuckern und P90 auf LP Special oder SG Special. In der "vollen" Einstellung 22 Watt hinten am Amp ist der Tonemaster auch so laut wie gewohnt. Und jetzt kommt der Vorteil - man kann ihn ohne Klangverluste leiser machen, durch die Einstellmöglichkeit hinten. Ich habe einen Fender Deluxe Reverb mit einem nachgerüsteten Master Volume, das lautestärkemäßig in eine ähnliche Richtung geht, der Klang selbst bleibt beim Abschwächer des Tonesmaster aber besser erhalten. Das Ohr reagiert sicher auch eigenartig, da es leisere Töne eventuell anders hört als volle Pulle. In der 0,2 Watt Einstellung fehlt natürlich schon etwas, ab 0,5 Watt und noch besser bei 1 Watt klingt es gut. Was kann man damit anfangen? Viel - in der Proberaumsituation oder bei Gigs in kleinen Räumen den Punkt suchen, bei der man mit Volume 7 - wo es schön interessant wird, um über Volume an der Gitarre und Anschlagsdynamik den Zerrgrad zu regeln - die Mitmusiker und das Publikum noch nicht vertreibt, man aber gut mit dem Schlagzeug mithalten kann. Wegen Corona Krise noch nicht mit echten Musikern probiert, aber es ist klar, dass man mit einer mittleren "Attenuator" Einstellung auskommen wird, wahrscheinlich auch bei Sessions nicht zu lauter Ausprägung. Das Spielgefühl ist auch gut, ich habe nicht das Gefühl, in einen Computer hinein zu spielen. Sollte ja auch genug Prozessorleistung verbaut sein. Der Rest ist wahrscheinlich auch eine mehr philosophische Diskussion.
Der Hall ist ab Regler Einstellung 3 sehr intensiv, lässt sich aber bändigen. Der Wechsel einer Vorstufenröhre zur niedrigeren Ansteuerung des Halls geht hier nicht - womit wir bei den Parametern wären, die ich gar nicht verstellbar mag. Das Tremolo klingt und agiert so wie beim Röhren-Fender, nur mit weniger Nebengeräuschen. Zum Beispiel merkt man beim Tremolo bei Röhrenamps oft ein "Pochen" wenn es eingeschaltet ist.
Es gibt Diskussion um den Preis der Tonemaster Serie. Noch mehr als beim Deluxe Tonemaster ist der Twinreverb Tonemaster deutlich günstiger als die Röhrenversion. Mir ist der Twinreverb trotz des attraktiven Gewichts der Tonemaster Version einfach zu groß von den Abmessungen her. Fender baut die Tonemaster Serie ordentlich, es wackelt nichts und wenn man den Amp nicht aufhebt merkt man keinen Unterschied. Ich gehe davon aus, dass hinter der Tonemaster Serie nicht nur die Kosten für die Bauteile, sondern auch für die Entwicklung stecken. Zum Thema Werterhalt gibt es Diskussionen im Internet. Ich sehe den Tonemaster so wie ein Digitalgerät - Notebooks, Digitalmischpulte. Keyboards - alles verliert schnell Wert, weil die technische Entwicklung weitergeht. Kauft man die Sachen trotzdem - natürlich. Der Deluxe Tonemaster wird ja auch benutzt und dient nicht als Invesment. Das geht sicher mit alten Original-Röhrenverstärkern besser, die Spaß machen, aber auch ihre Tücken haben.
Die Potis laufen etwas leichter als in der Röhrenversion, funktionieren aber einwandfrei. Wahrscheinlich geben die ohnehin nur Steuersignale an den Rechner im Inneren des Tonemasters.
Die DI-Abnahme ist für mich toll und gut anwendbar. Ich habe Tests über ein X32 an eine MAUI 11 G2 in Stereoanordnung mit beiden Mikrophon-Varianten durchgeführt. Bei mittlerer Volume-Einstellung am Ausgang bekommt man ein sauberes, gut verwendbares Signal an den Mischpulteingang. Aus der PA kommt ein einwandfreier Fender Deluxe Reverb Sound. Dessen Lautstärke ist unabhängig von der Attenuator Einstellung, aber abhängig von der Lautstärkeeinstellung am Amp, was auch Sinn macht, da man darüber den Übergang von "clean" zu angezerrt regelt. Ich habe bis jetzt bei Auftritten die Gitarrenamps nur im Notfall mit Mikrophonen abgenommen und mich mit dieser Wissenschaft auch nie wirklich befasst. Mit dem DI Ausgang des Tonemaster habe ich aber ein Werkzeug, das mir den Amp-Ton sehr unkompliziert auf die PA bringt falls es einmal erforderlich sein sollte.
Ist das die Zukunft? Ich weiß es nicht. Vielleicht denkt Fender über eine Tonemaster Version des Princeton Reverb oder des Super Reverb nach? Der Princeton müsste sensationell leicht werden, der Super Reverb immerhin transportierbar. Ich hoffe, dass es parallel digitale und echte Versionen der Fender-Amps geben wird. Ich werde meine analogen Fender jedenfalls nicht verkaufen, sondern sehe den Tonemaster Deluxe als sinnvolle Ergänzung.
Nach einigen Wochen Betrieb - meist mit der Lautstärkereduzierung - habe ich mal wieder "Vollgas" gegeben, der umgedämpfte Tonemaster Deluxe bringt ordentlich Druck, macht auch ab und zu Spaß. Mich begeistert der Amp nach einiger Zeit mehr als direkt nach dem Kauf.
Ich warte, ob Fender nicht doch noch einen Tonemaster mit 4 x 10" Bestückung herausbringt, müsste mit Neodym Speakern ein Traum sein bezüglich Gewicht.
Stand nach 7 Monaten Nutzung: Meine Begeisterung hält an. Man hat auch viel weniger Hemmungen als bei einem Röhrenverstärker, den Tonemaster mal für einige Minuten einzuschalten. Muss ja nicht aufheizen. Ich habe inzwischen ein Firmware-Update von der Fender-Website installiert. Die USB Verbindung zu einem Notebook und das Herunterladen des Updates von der Website und auf den Tonemaster hat einwandfrei funktioniert. Die Modifikation betrifft den oben beschriebenen Regelbereich des Reverb - der ist jetzt viel feiner einstellbar, Fender hat "virtuell" die Röhre gewechselt. Der ebenfalls virtuell gekappte Kondensator im Vibrato Kanal ist auch ok, die alte Konfiguration wäre aber auch ok gewesen für mich.
Ich habe inzwischen auch mit verschiedenen Pedalen vor dem Amp experimentiert. Alle Modulationseffekte funktionieren wie sie sind. Bei Overdrives muss man etwas probieren, es hängt auch von der verwendeten Gitarre ab. Ich habe momentan einen TS808, einen OD3 und als Distortion klassisch einen DS1 oder DS2 vor dem Tonemaster, SD1 Waza und BD2 ebenfalls Waza - alles geht, aber die optimale Einstellung von Amp zu Pedal muss man finden. Der DS1 klingt durch den virtuell stillgelegten Kondensator im Firmware Update jetzt besser.
Ich warte immer noch darauf, dass Fender die Tonemaster Serie erweitert.
Nachtrag: Praxiseinsatz bei corona-conformer Bandprobe im Freien. Die Leisterungsreduzierung erhöht den Nutzwert des Tonemaster Deluxe Reverb deutlich. Bin aus Lautstärkegründen (Nachbarn) mit einem 5-Watt Röhrenamp mit 10" Speaker in die Probe gegangen. Dieser klang im Freien so dünn bei der noch möglichen Lautstärke, dass ich den Tonemaster Deluxe Reverb geholt habe. Leistungseinstellung "0,2 Watt" - man kann es kaum glauben, das hat gereicht und der Tonemaster bringt auch hier einen schönen, vollen Fender Sound, Gain auf 5, angeschlossen waren Telecaster und Jazzmaster. Auch wenn ich Röhrenverstärker gerne mag, in der Praxis haben die Tonemaster-Amps sehr große Vorteile.