Das KDP 120 macht bis auf die Rückseite des Klaviaturstücks mit seinen zahlreichen Schlitzlöchern (laut Thomann-Service konstruktionsbedingt für Halteklammern) eine optisch wirklich gute Figur. An die Wand gestellt fällt dieser optische Makel auf der Rückseite nicht weiter auf.
Zum Klavier selbst:
Die Klaviatur ist gewichtet und anschlagdynamisch. Wobei sehr leises Spiel bei maximaler Lautstärke (100%) nicht mehr möglich scheint. Offenbar wird dann allgemein vom Soundsystem auf alle Tastenanschläge eine zusätzliche Verstärkung gegeben, wodurch dann selbst Pianissimo etwas zu laut klingt. Wer gerne für wuchtige Töne stark in die Tasten greift und zugleich auch zarte Passagen spielen will, sollte die Lautstärke also maximal auf 75% stellen. Dort kommen noch beide Spielarten befriedigend zur Geltung und zeigen eine angenehme Balance auf.
Die Tasten sind im Bassbereich etwas schwergängiger als im Diskant. Dennoch fällt der Unterschied spürbar geringer aus, als bei den mir bekannten, akkustischen Klavieren - dennoch kein Minuspunkt, denn das Spielgefühl ist wirklich sehr angenehm ausgefallen. Es macht Spaß, daran zu üben.
Der Klaviersound des SK-EX hinterlässt einen positiven Eindruck, neigt aber ein wenig zum Übersteuern (besonders bei C5-G5) bei maximaler Lautstärke. Wem der Klang etwas zu trocken ist, der kann nach belieben Halleffekte hinzuschalten, den Sound mehr Affinität zur Brillanz oder dem Bass verleihen oder einfach auf einige der vorgefertigten Voreinstellungen des Virtual-Technichan zugreifen. Diese Presets sind alle per Tastatur-Shortcuts direkt auf der Klaviatur selbst abrufbar. Nur die sich dahinter versteckenden Einzeleinstellungen benötigen die sehr gute und übersichtliche Kawai-App (Android/iOS). Bei meinem Smartphone verweigerte die App zunächst die Verbindung. Ein kostenloses Dritt-Programm zum Scannen und koppeln der Bluetoothverbindung abseits des vom System normalerweise üblichen Weges war notwendig. Außerdem benötigt die App Zugriff auf den Standort - sonst blockt sie alle Verbindungsversuche.
In der App kann man die Temperierung des Klaviers festlegen, wie stark das Sustain-Pedal Noten nachklingen lässt, wieviel Zeit Noten bei gehaltenem Anschlag zum Auszuklingen benötigen, Anschlagverzögerung der Hämmer, ob ein offener oder geschlosser Flügel als akkustische Grundlage dienen soll usw usw.
Es lässt sich frei nach Belieben daran herumdoktorn. Die nach unten gerichteten 2 x 20-Watt-Boxen haben für ein normales Zimmer wirklich ordentlich Kraft, klingen im Gegenzug aber auch ein wenig muffig. Daher bevorzuge ich die nachträgliche Manipulation des Klangs hinzu einem brillanterem Ton.
Neben dem SK-EX-Sound gibt es noch das Kawai EX als Klavieralternative, allerdings nur im Rahmen eines bereits angepassten Modern-Presets. Klingt vollkommen anders und bietet eine erfrischende Abwechslung zum Standardsound. Warum das originale, unveränderte EX-Sample nicht ebenfalls abrufbar ist, was ohne Zweifel aber für die Modern-EX-Variante aber auf dem Klavier gespeichert sein muss, kann wohl nur Kawai erklären.
Insgesamt hat wohl jedes Produkt so seine Vor- und Nachteile. Ingesamt überzeugt das Kawai KDP 120 R mit einem guten Gesamtpaket und bietet was für Spielfinger und Gehör gleichermaßen. Übungseinsätze bereiten große Freude und ich kann dieses Produkt für Neugierige nur weiter Empfehlen. Auch die Qualität des Klaviersamples ist für meine Anfängerbedürfnisse sehr befriedigend. Vor allem im Bass ist auffällig: zart angeschlagene Tasten erzeugen einen etwas anderen Klang als hart angeschlagene Tasten. Es handelt sich nicht einfach nur um den gleichen Klang, der künstlich verstärkt wird. Das trägt zu einem stimmigeren Klavierton bei, auch wenn zu einem wirklich authentischem Abbild der Vorlage gewiss noch einiges fehlt - und wohl den höherwertigen Geräten im Digital-Sortiment vorbehalten sein dürfte. Der Klang gefällt aber bereits im Einsteigermodell. Gut gemacht von Kawai.
Einige Video-Berichte auf bekannten Videoportalen beschweren sich zudem über laute Klack-Geräusche durch den Gebrauch der Tasten. Ja, diese erzeugen in der Tat hörbare Geräusche - wie an jeder mechanischen Tastatur es nunmal üblich ist. Wer mit leiser Lautstärke spielt, hört diese nunmal unweigerlich. Kopfhörer oder erhöhte Lautstärke überdecken das jedoch spielend. Absolut kein Ausschlusskriterium, zumal derartige Nebengereäusche bei Geräten dieser Art immer vorhanden zu sein scheinen - auch und gerade bei den akkustischen Vorbildern sowei bei Konkurrenzprodukten.