Steckbrief: Gesucht wird ein handlicher, dennoch gut bedienbarer, polyphoner Desktop-Synth mit Underdog-Potential, innovativem Konzept, flexibler Engine und eigenständigem Klang, mit Sequenzer und Effekten an Bord sowie Netzunabhängigkeit. Zudem: unter anderem in die Volca- und Pocket Operatorenwelt integrierbar, mit MIDI In-/Out (DIN); ein Apparat außerdem, der Echtzeiteingriffe ins Geschehen bei flachen Menü-Hierarchien erlaubt, den Workflow schnell erlernen hilft und die 8-Bit - Gene des guten alten 80er Gaming-Sounds mit denen der heute vielfach angesagten, bitcrushigen Lo-Fi – Domäne(n) dieser Tage verbindet, ohne ein Plagiat von anderem Klangerzeugenden zu sein. Und wenn dieser dann noch ein Pfund Wolfs-im-Schafspelz-Appeal, also auf Wunsch drastische akustische Gemeinheiten bereit hielte, sich jedoch auch in die Klangumgebung audiophil-glattpolierter und bit-optimierter instrumentaler Brüder und Schwestern integrieren ließe, dann wäre es sehr vielversprechend. Wenn er -in aller Unbescheidenheit- noch dazuuu... eine brauchbare Haptik und Verarbeitung quasi nebenher mitbrächte und nur wenig kostete…, ja dann wäre nicht nur eine vorhandene Nische optimal besetzt, sondern eine eigene definiert.
Weihnachten? Wunschtraum? Wirklichkeitsferne Freakphantasie wahnwitziger Workstationmüder? Weit gefehlt, denn dieser Gesuchte ist seit einiger Zeit -nun wieder lieferbar- siliziumgewordene Realität und steht nun endlich ausgepackt und selbstbewusst anmutend vor mir; auf nicht wackeligen Füßchen, sondern absolut plan befußt auf ebenem Tisch. Derlei vermeintliche Kleinigkeit, wie wackelfreies Stehen, mag manch einem trivial erscheinen. Wer jedoch auf Desktopgeräten arbeitet und stetig feststellen muss, dass es etablierteren Herstellern oftmals nicht gelingt, für einen vernüftigen Stand ihrer meist ungleich kostspieligereren Gerätschaften zu sorgen, erkennt mit diesem Instrument, dass eine japanische Kleinfirma mit einem Kunststoffgehäuse das fertigbringt, was mit einem Metallgehäuse vieler Mitbewerber selbstverständlich sein sollte und natürlich langfristig geschätzt wird, weil Usability -auch im Kleinen- eben ihre Relevanz hat.
Zum Klanglichen und zur Verbindung mit der Studiowelt wurde bereits einiges hier zutreffend gesagt, somit will ich nur ein Killerfeature besonders herausstellen, das leider (noch) dem XFM aus selbem Hause fehlt: der vierspurige LOOPER, durch eine dedizierte Taste gut erreich- und intuitiv bedienbar.
Mit drei internen Loopspuren plus einer externen, die (auch in stereo) jedes Audiomaterial samplet, plus dem laufenden polyphonen, monotimbralen und einspurigen Sequenzer, kann diese kleine Wunderkiste aus sechs Stimmen locker mind. 24-stimmige Phrasen bzw. (gekoppelte) Patterns mit unterschiedlichen Sounds erzeugen. Einem polytimbralen 4-Spur Sequenzer bei insgesamt sechsstimmiger Polyphonie ist das für mich klar zu bevorzugen, liegt aber konkret an meinem Einsatzgebiet. Und wenn einem der musikalische Schalk im Nacken sitzt, kann man durch mehrfaches Bouncen über die 4. Loopspur alles noch gehörig auf die Spitze treiben, bis der (HN-)Ohrenarzt kommt. Klanglich matschig wird es dennoch nicht zwingend, denn dank FX plus (!) Reverb für den Sequenzer sowie der Möglichkeit, die Loop-Tracks im Panorama zu verteilen und im Volume zu differenzieren, kann man sehr schöne Vorlagen z.B. für die MPCs dieser Welt bauen, wenn man des transparenten Mixens fähig ist. Damit ist es halbwegs verzeihbar, dass der Inhalt der 4. Loopspur noch (!) nicht intern speicherbar ist, was jedoch ein gewichtiges OS-Update-Thema ist, denn die vorhandene interne Batterieversorgung sollte als energetische Stütze für das Loop-RAM herhalten können und somit die ganze Sache perspektivisch richtig rund machen. Dann könnte Sonicware jedoch en-passant gleich noch eine Filterhüllkurve mit einpacken, quasi für runder als rund, dann würde aus einem Polygon ein fast perfekter Kreis.
HiFi kann das Gerät nicht, ist auch nicht das Konzept. Aber wohlgefällig klingen, jenseits von blip, blop und tüdeldidü bzw. C64 (SID), das kann der 8Bit-Warp sehr wohl. Dazu trägt die Möglichkeit immens bei, jenseits des stattlichen Fundus‘ interner Wellenformen seine eigenen zu bauen, zu speichern und -natürlich- Parameteränderungen im Sequenzer aufzuzeichnen. Fazit: Sehr viel für sehr wenig! Für wen? Für Leute, die über ihren Tellerrand blicken wollen. Und natürlich für Gamesound-Verrückte. :-D