Der erste Eindruck war gemischt. Direkt aus dem Karton genommen, losgespielt, die cleanen Töne vom RTHM-Kanal haben mir gleich gefallen, die verzerrten auf Anhieb noch nicht so. Ich konnte da Pedal auf Anhieb, ohne Kenntnis des Handbuchs auch nicht gut einstellen. Habe mir am nächsten Tag mal zwei Stunden Zeit genommen, um mich in das Pedal einzuarbeiten. Das Update der Firmware über den PC, mit USB-C, ging zum Glück zügig durch. Die "UAFX Control App" wollte sich dann aber leider partout nicht mit dem Pedal verbinden und das ist misslich, weil wichtige Einstellungen nur über diese Handy-App möglich sind. Die meiste Zeit davon ging dafür drauf, die App am Handy zu Laufen zu bringen. Ich bin dann irgendwann darauf gekommen, die App auf dem Handy zu löschen und neu zu installieren, dann ging es endlich.
Als die App lief, habe ich das Handbuch von vorne bis hinten durchgelesen und die verschiedenen Einstellungen durchprobiert. Es ist wichtig, mal durchzuverstehen, was man da alles einstellen muss, aber es lohnt sich. Auf einmal hatte ich genau den Sound, den ich immer haben wollte. Endlich mal das Telefon weg und erstmal zwei Stunden nur Gitarre gespielt. ES KLINGT EINFACH GENAU RICHTIG. Der klare Kanal wirklich kristallklar, aber auch voll, habe noch den Boss BP-1W Preamp davorgehängt, der Sound macht süchtig. Der Crunch-Kanal eine Wall of Sound. Diese Verzerrung ist voll, schön, definiert, obertonreich, verträgt nicht nur Powerchords, sondern auch Harmonien. Für mich ist die Sache die, dass ich einen modernen Sound gesucht habe. Hatte bisher den UAFX Lion Modeller, der ist auf seine Art auch gut, klingt für aber schon etwas retro, wie ein Amp, der vielleicht schon ein bisschen in die Knie gehe ist. Bin in den 80er geboren und der Anti ist genau der Modeller für meine Musik, von Buckethead bis zu den Brettgitarren bei Avril Lavigne. Alle möglichen Metal-Stile gehen natürlich eh. Es geht mir gar nicht um das Ausmaß der Verzerrung, sondern wie die klingt, in den Höhen harmonisch, im Bass tight, das der klassisch-moderne Sound, den ich wollte. Wie gesagt insbesondere die cleanen Töne, die endlich mal genug Headroom haben, klingen für mich sogar irgendwie viel besser als beim echten 5150. (Im Gegensatz dazu konnte ich beim UAFX Dream den Gain kaum weit genug runterdrehen, um mal klaren Sound zu haben.)
Man kann ziemlich viel am Amp anpassen, um seinen Sound zu finden, Bright Switch, Input Routing, Bias Mode mit verschiedenen "Chokes", Clean klingt mit "Warm Choke" überragend. Der Reso-Regler ist auch Hammer, man kann dröhnenden Bass haben, dass der Boden wackelt, oder das Dröhnen weit rausdrehen. Das Noise-Gate leider überraschend schlecht, kann gar nicht verstehen, wie das nicht besser hinbekommen haben, ist für mich aber nicht soo wichtig, weil ich eh nicht so richtig High-Gain spiele. Der Tubescreamer klingt authentisch, habe ich aber im Bandgefüge noch nicht probieren können und so alleine für sich braucht man den meines Erachtens nicht. Den anderen mitgelieferten simulierten Preamp von TC Electronics habe ich mir noch nicht richtig erschlossen.
Das riesige Manko dieses Pedals ist leider die UAFX Control App. Bin immer froh, wenn ich meine Einstellungen ohne Verbindungsabbruch hinbekomme und dann schnell wieder raus aus der App. Mir ist aufgefallen, dass das Pedal für das Telefon schon sichtbar war, bevor ich den Pairing-Knopf gedrückt habe. Bei einem Auftritt auf größerer Bühne hätte ich Sorge, dass das Teil sich mit irgendeinem Telefon verbindet und dann abstürzt oder irgendwelche Einstellungen durcheinandergehen, ein Flugmodus wäre super. Ist schade, weil rein vom Sound ist das Teil göttlich, für mich bisher der beste Amp-Modeler, den ich gespielt habe, zumindest wenn man einen modernen Sound ab 1990er Jahre sucht. (Ich habe aber zuletzt auch nur die Modeller von TC und UAFX gespielt, gibt ja noch andere gute Alternativen.)