Vorab: ich habe meine vorherige Bewertung hier nun komplett überarbeitet, um nach intensivem Gebrauch weitere Eindrücke einfließen lassen zu können. Auf YouTube/Bonedo findet man übrigens seit kurzem Soundbeispiele, die meines Erachtens auch sehr aufschlußreich sind.
* Die Authentizität der Amp-Simulation
Fender verfolgt das Ziel, einen originalen Röhren-Amp so weit wie möglich mit erheblicher DSP-Power digital nachzubilden. In Bezug auf den authentischen Sound ist das sehr gut gelungen - man findet im Netz einen A:B-Vergleich, der für mich auch kaufentscheidend war. Maßgeblichen Beitrag am Sound leistet wie stets ja auch der verbaute Speaker und das Gehäuse (Cabinet) - diese entsprechen dem Röhren-Amp, ein Jensen C 10 R im Vollholz Kiefer-Gehäuse (letzteres wie beim ’64-Handwired-Reissue).
Die Simulation ist derart „naturgetreu“, dass auch typische Eigenheiten der Regler in ihren nicht immer positiven Ausprägungen abgebildet wurden:
1) Es gibt einen nicht-linearen, deutlichen Lautstärke-Sprung von „Volume 4 auf 5“. Bis 4 verhält sich der Amp eher „zahm“ - bei/ab 5 blüht er auf und die Zunahme ab 6-7 nimmt eher wieder ab, dafür - je nach Pick-up - geht er in mehr oder weniger Overdrive-Zerre.
2) Der Reverb-Effekt ist bereits bei niedrigen Regler-Werten zu stark. Für denjenigen, dem das nicht gefällt, bietet Fender eine Firmware-Alternative im Download an. Damit läßt sich der Federhall im unteren Bereich deutlich feiner dosieren. Dessen aufwendige digitale Simulation genügt meinen Ansprüchen.
3) Erst oberhalb Regler-Stellung „Intensität“ 5 macht sich der Tremolo-Effekt bemerkbar. De facto steht einem also nur die Hälfte des Regelwegs zur Verfügung. Nach der aufgespielten Firmware-Alternative geht's fein regelbar von 1-10. Der Effekt ist wie beim Original von „weicher“ Art, d.h. hat eine Sinus-Wellenform (BIAS-Modulation einer Endstufen-Röhre) - anders als ein Deluxe-Reverb (spitze Amplituden, da optischer Schaltkreis).
Geht es um das vielzitierte „Spielgefühl“ - also das Ansprechverhalten eines echten Röhrenamps - dann kann ich hier mangels langjähriger Praxis nur begrenzt Aussagen machen. Ich habe zuvor einige gute Transistor-Amps gespielt/probiert (u.a. Roland Blues Cube, BOSS Katana, BOSS Nextone, H&K Spirit 200) und zuletzt einen neuen 5-Watt-Röhren Fender ’68 Vibro-Champ. Dieser schien mir im Attack und der Dynamik den Transistor-Amps überlegen zu sein, zumindest entfachte er mehr Spielfreude. Der Princeton ToneMaster gibt mir - bei Volume auf 5 - ein ebensolches, dynamisches Gefühl und ich vermisse kein "Röhren-Feeling". Langjährige Spieler eines originalen Amps mögen da Unterschiede wahrnehmen - ist womöglich auch Glaubenssache (?)
Im direkten Vergleich mit einem „Princeton-Modeling“ im Line6 PodGo spürt man das Mehr an DSP-Power der Fender-Simulation sehr deutlich - verglichen über Kopfhörer, d.h. via Direct-Out des ToneMaster in ein UA-Interface. Ich würde sagen: lebendiger, klarer, differenzierter, schlicht „echter“ als die Amp-Sim vom PodGo.
Die wenigen Low-Gain-Pedale, die ich besitze, nimmt der ToneMaster ebenso gut an, wie zuvor der Röhren Fender Vibro-Champ. Aber auch Effekte aus dem PodGo (vorgeschaltet) sorgten nicht für Enttäuschung.
* Die Praktikabilität
Fender hat die ToneMaster-Serie mit einigen Argumenten in den Markt gebracht, die deren Praxistauglichkeit gegenüber den originalen 60er-Jahre Oldies herausstellen. Nun, der Gewichtsvorteil, der bei den größeren Modellen spürbar von Vorteil ist, fällt beim Princeton nicht so stark ins Gewicht - wenn auch vorhanden. Die Leistungs-Reduktion per Power-Scaling der digitalen Endstufe ist beim Princeton ebenso nicht so erheblich wie z.B. beim Super Reverb. Doch würde ein Röhren-Princeton auf "Sweet-Spot Volume 5“ daheim schon nicht mehr nachbarschaftsverträglich laut sein, wohingegen der ToneMaster mit Power-Regler auf 1,5W oder niedriger hier den Hausfrieden wahrt. Für alles oberhalb von „5“ ganz besonders. Zudem bietet sich der Direct-Out für gänzlich leises Spielen an. Schade nur, dass Fender dem Tonemaster keinen Kopfhöhrer-Ausgang spendiert hat. So muss man leider über ein Interface mit regelbarem Kopfhörer-Ausgang gehen. Die zwei Cab-Sims (Mics: Shure SM 57, Royer 121) geben Flexibilität fürs Recording ohne Mikro in nicht studiomäßiger Umgebung. In Summe bietet der Princeton ToneMaster also durchaus Mehrwert gegenüber der Röhren-Version und stellt für mich von daher für den Hausgebrauch die geeignetere Alternative dar. Zudem bietet der Verzicht auf Röhren ja auch weitere Vorteile: Wartungsfrei, keine Warmlaufphase, kein erhöhter Verschleiß im Kurzbetrieb, kein „Britzeln und Summen“ im Leerlauf.
* Die Verarbeitung und Anmutung
Die Verarbeitung ist tadellos. Nichts riecht unangenehm. Die Regler drehen gleichmäßig, nicht zu leicht und nicht zu schwer. Über die Langzeit-Haltbarkeit läßt sich natürlich erst in ein paar Jahren etwas sagen. Vermutlich sind das auch keine Standard-Widerstands-Potis, da die Schaltung ja rein digital ist. Fender gibt 2 Jahre Garantie - bei Thomann erfreulich deren drei.
* Die Preisfrage: Günstig oder teuer?
Wer die Preise für die Röhren-Versionen von Fender kennt (ca. 1.500€ bzw. 2.500€ Handwired) dürfte eigentlich frohlocken, bekommt er doch rein praktisch „mehr“ für „weniger“.
Andererseits gibt es unzählige (gute) Verstärker am Markt, die weit weniger kosten (und mehr Features bieten). Aber eben keinen Fender Princeton. Eine Ikone mit unverwechselbarem Sound, den der Princeton ToneMaster/Klon weitestgehend perfekt reproduzieren kann. Optisch verströmt er sowieso dasselbe Vintage-Flair, welches mir im heimischen Ambiente ein weiterer Pluspunkt ist.
* Fazit:
Als moderne und praxistauglichere Version des ikonischen Fender-Klassikers, zudem noch erschwinglicher als das Röhren-Original, erfüllt der Princeton ToneMaster meine Ansprüche in idealer Weise - abgesehen von einem fehlenden Kopfhörer-Ausgang (deshalb nur 4 Sterne für Features). Empfehlung für alle, die nicht unheilbar dem Röhren-Feeling verfallen sind ;-)