Ich spiele seit über dreißig Jahren Punkrock, Grindcore und anderes Geschrammel auf Gitarre, Bass und Schlagzeug und daher dringt die eine oder andere Frequenz schon nicht mehr so ganz zu mir durch. Außerdem spreche ich nicht diese Korinthenkackersprache, mit der jedes noch so kleine Detail analysiert werden muss. Ich bin also nur bedingt geeignet, hier eine Westernklampfe zu rezensieren; aber diese arme Schönheit hatte bisher noch keine Textbewertung, also versuche ich mich mal...
Ab und zu spiele ich allerdings schon akustische Songs und habe dafür seit etwa 15 Jahren eine recht ähnliche Harley Benton, welche damals etwa 150 Euro gekostet und mich bis heute nicht im Stich gelassen hat. Das war also ein reiner Bauchkauf, den ich mir mit "eine Ersatz-Western kann ja nicht schaden" zur Notwendigkeit zurechtbiegen konnte.
Ibanez bewirbt die ALT-Reihe unter anderem mit dem E-Gitarren-Hals, der das Umsteigen auf Akustikgitarre wohl erleichtern soll. Hmm, ja klar - da werksseitig ein 10er Saitensatz aufgezogen ist, spielt sie sich natürlich erstmal sehr leicht. Aber: es klingt furchtbar. Die Saiten schnarren und schnurpsen über die Bünde, die G-Saite entwickelt bis etwa zum achten Bund ein atonales Eigenleben und insgesamt ist alles viel zu leise und mumpfig. Hatte ich mir aber schon fast so gedacht, also gleich 11er Saiten dazubestellt. Und siehe da: Das Schmuckstück erwacht zum Leben! Jawoll! Offenbar war der Hals meines Exemplares nämlich von vornherein schon für 11er eingestellt, denn plötzlich hat er eine perfekte minimale Krümmung und es klingt alles wunderbar sauber, fett und schön - egal in welcher Lage. Es spielt sich dann aber eben auch nicht mehr ganz so leicht, wie die Marketing-Strategie vorgaukelt - nur so als Info für die einsteigenden Umsteiger oder umsteigenden Einsteiger.
Ansonsten noch: die Verarbeitung ist top. Da sind alle Bünde feinstens geschliffen, der Body ist makellos verarbeitet und sie ist neben unserem Sofa genauso schön wie auf den obigen Bildern. Der Tonabnehmer funktioniert zumindest soweit, dass im Stimmgerät was ankommt - den klanglichen Weg über einen Amp hatte ich aber eh nicht im Sinn, also kann ich an dieser Stelle leider nichts Qualifizierteres schreiben. Statt 9V-Block sind zwei CR2032 drin, falls das hilfreich ist.
Fazit: Ich bin nach kleinen (aber zu erwartenden) Startschwierigkeiten begeistert. Volle Punktzahl vergebe ich aus reiner Bosheit nicht - oder vielleicht eher deshalb, weil die wesentlich günstigere, alte, biergetränkte HB sich in Bezug auf Klang und Bespielbarkeit eigentlich (zumindest für mich) nicht wesentlich von der Ibanez unterscheidet. Ich bin mir zumindest absolut nicht sicher, welche der beiden live auf den Ersatzständer kommt...